Ich glaube es war bereits auf einem der ersten Prospekte, die wir in Mers-les-Bains erhalten haben, auf diese Felsentore abgebildet waren. Es stand zwar nicht dabei wo das ist, aber mir war sofort klar, dass ich da hin will. Bei der netten Camping- platzpächterin am See bei Dieppe fasste ich mir dann ein Herz, kramte alle meine Französischkenntnisse zusammen, zeigte ihr die Abbildung und fragte: ”Pouvez vous…?”. Seitdem weiß ich es also und deshalb fahren wir heute weiter nach Étretat. Es sind nur wenige Kilometer, die man in weniger als einer Stunde hinter sich bringen könnte, aber unterwegs gibt es noch einen Ort, den man auf keinen Fall auslassen darf: Yport.
Ein richtiges kleines, noch echt verschlafen wirkendes Fischerdorf mit weniger als 1000 Einwohnern und einem kleinen Strand an dem die obligatorischen Umkleide-Holzhäuschen stehen und wo man auch Fischerboote mit dem zum Fischen notwendige Gerät vorfindet. Eine enge Einbahnstraße führt durch die im schmalen Küstental aufgereihten Häuser dorthin und eine zweite parallel dazu wieder zurück. Der Parkplatz neben dem Strand ist kostenlos, aber leider nur für PKWs. Ich finde vor der kleinen Kirche im Ortskern einen fürs Womo.
Die Kirche, deren Inneres teilweise an ein Seefahrtsmu- seum erinnert, ist absolut sehenswert. Die Hauptattraktion Yports sind allerdings die beiderseits des Ortes senkrecht zum Meer abfallenden Kreidefelsen. Wir gehen zum Strand und es ist wie beinahe jeden Vormittag: die Wolken hängen noch sehr tief über dem Meer, reißen aber mehr und mehr auf und ich bin mittlerweile sicher, dass wir nachmittags wieder gutes Wetter mit fotogenen Wölkchen haben werden.
Als wir die Parallelstraße vom Strand zurück gehen, stellen wir fest, dass eigentlich alles an Infrastruktur vorhanden ist, was man (für einen entspannendenUrlaub) so brauchen würde, allerdings auch, dass auffällig viele Häuser zum Verkauf stehen.
Dann geht es weiter nach Étretat. Ich habe vor, noch vor Erreichen des Ortes rechts hoch zu der kleinen Kirche zu fahren, von der ich eine Abbildung gesehen habe und bei der laut Karte ein Park- platz ist. Leider aber ist die Straße für Womos (und LKWs) gesperrt. Also geht es doch hinab in den Ortskern und ich folge einem Schild, was einen Parkplatz für 270 Fahrzeuge verspricht.
Die Hauptstraße im Ort ist extrem eng und auf der einen Seite parkt Auto an Auto. Nach drei Ampeln und zahlreichen Begegnungen im Minimalabstand habe ich das Ortende bereits erreicht. Einige 100 Meter außerhalb finde ich dann den beschriebenen Platz. Er liegt links der Straße und ist offenbar relativ neu angelegt, hat eine Schranke mit Ticketautomat und ist ziemlich leer. Gegenüber, rechts der Straße ist aber ein Platz auf dem zahlreiche Womos (und PKWs) stehen, der frei (kostenlos) zugänglich ist und wo wir uns dazu stellen. Der Fußweg zurück zum Ortskern führt durch einen kleinen Park und man muss höllisch aufpassen wo man hin tritt…ja, die Franzosen sind große Hundeliebhaber. Nach etwa 20 Minuten sind wir an der Strandpromenade und sehen zum ersten mal eines der Felsentore, den Falaise d’Amont. Ein Fußweg hinauf zur kleinen Kirche ist ausgeschildert und wir nehmen ihn sofort in Angriff.
Auf halber Höhe steht dann auf einer Treppenstufe, dass es 263 Stufen seien. Noch 263 oder insgesamt 263 ??…egal, wer so weit gestiegen ist, geht auch weiter. Das Zählen schenken wir uns. Oben kann man auf den Felsen entlang wandern; eine breite, schlecht gemähte Wiese bietet sich dazu an, auch zum Picknicken oder zum Fachsimpeln über die gemachten Fotos. Wie in Frankreich eigentlich üblich ist nichts abgesperrt; lediglich ein Schild in drei Sprachen warnt vor Absturzgefahren. Auf dem Parkplatz bei der Kirche entdecken wir eine Reihe britischer Fahrzeuge…echte Oldtimer! Mutig sind sie ja, die ”Tommys”. Die Besitzer und ihre (meist weiblichen) Beifahrer sitzen vorne an der Klippe im Schatten der Kirche und machen ”Tea Time”. Nach einigen Aufnahmen gehen wir die Stufen wieder hinunter und merken jetzt, dass an der Strandpromenade doch recht viel Betrieb ist. In keinem der Orte, die wir bisher besucht haben, war nur annähernd soviel los.
Aus den gut besuchten Strandlokalen duftet es verführerisch und wir suchen uns einen Platz unter einem großen Sonnenschirm, denn wie erwartet ist der Himmel mittlerweile wieder beinahe wolkenlos und die Sonne brennt doch recht ordentlich.
Hier gibt es als ”Plate du jour” (Tages- gericht) ”Moules & Frites” mit einem Glas Cidre und einer Crepe als Dessert, was ich bestelle. Kerstin nimmt die ”Moules Normande”, die direkt im Kochtopf serviert werden. Es schmeckt köstlich und die Preise bleiben sogar im Rahmen.
So gestärkt machen wir uns dann an den Aufstieg auf den Falaise d’Aval, dem westlichen Kreidefelsen. Um den Torbogen, die Porte d’Aval fotografieren zu können, muss man oben noch ein ordentliches Stück westwärts laufen, immer entlang einem Golfplatz, der als der schönste Golfplatz Europas bezeichnet wird. Irgendwann haben wir dann genug Fotos gemacht und machen uns auf den Rückweg hinunter in den Ort, finden dort an einer Straßenkreuzung einen Lebensmittelladen wie wir ihn von früher kennen: nicht allzu groß, nur Lebensmittel, sonst nix.
Wir kaufen einiges ein und marschieren wieder hinaus zum Womo. Jetzt heißt es Campingplatz aufsuchen und Stellplatz belegen. Am Tor des Platzes hängt ein Schild : ”absolute complete”. Ich gehe trotzdem in die Rezeption und frage, ob nicht ”auch nur für eine Nacht” usw…aber ohne Erfolg. Allerdings gibt uns die nette Dame ein Kärtchen von einem andern Campingplatz, bei dem wir es versuchen könnten. Er liegt etwa 10 KM im Landesinnern und ist eigentlich die Obstwiese eines alten Bauernhofes. Uns stört das weiter nicht, denn die sanitären Anlagen sind sauber und zeitgemäß…auch wenn außen auf dem Gebäude das Erstellungsjahr 1856 vermerkt ist. Wir buchen zwei Nächte, weil mir klar ist, dass ich morgen einige Zeit an diesen Felsentoren verbringen werde. Die tiefschwarze Pächterin freut sich riesig darüber.
