Am frühen Vormittag brechen wir auf und fahren weiter Richtung Westen. Wir nehmen nicht die breite Schnellstraße sondern fahren so dicht wie möglich an der Küste entlang. Das heißt jeweils nach drei oder vier Kilometern vom Kreidefelsen hinab ins Küstental, durch die dort liegende Ortschaft und drüben wieder hinauf auf den nächsten Felsen. Meistens sind es zwei oder drei Spitzkehren, in denen man hofft, dass kein größeres Fahrzeug entgegen kommt.
In der Karte aus dem Tourismus-Büro sind verschiedene Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkte markiert, die wir aufsuchen wollen. Tagesziel soll die Stadt Dieppe sein. Der erste (Foto)Stopp wird eingelegt, als sich uns ein Rastplatz anbietet, der eigentlich für Womos gesperrt ist, aber da die Höhenbegrenzungsschranke offen und der Platz absolut leer ist, nutze ich ihn trotzdem.
Wir laufen nach vorne an ein mit Blumen und Kränzen geschmücktes Denkmal und dürfen lesen, dass man hier vor wenigen Tagen dem 70!! ten Jahrestag eines Invasionsversuches Canadischer Einheiten gegen das von Nazideutschland besetzte Frankreich gedacht hat. Offensichtlich hat man das dort immer noch nicht vergessen. Kein Wunder, denn man findet immer wieder Überreste von Bunkern, die der GröFaZ hat bauen lassen. Hinter dem Denkmal schwingt sich eine doppelte Treppe hinab zum Strand und wir müssen natürlich da runter.
Nur wenige Leute teilen sich den dank Ebbe riesigen Strand.
Nach kurzem Aufenthalt mit ”Füße ins Wasser tauchen” geht es dann die Treppen wieder hoch und weiter. In Dieppe angekommen fahren wir am ausgeschilderten Womo-Stellplatz vorbei, denn der ist bereits am frühen Nachmittag gerammelt voll. Wir finden in der Nähe des Badestrandes einen Parkplatz für PKWs und Womos, kostenlos und mit reichlich freien Plätzen. Flugs wird der Rucksack mit der Fotoausrüstung gepackt und wir marschieren los, erst mal Richtung Strand, dann über einen Platz, auf dem gerade ein zwei! Tage dauerndes Volksfest stattfindet durch die Altstadt.
Fahrradtour auf der Avenue Verte
Bei der Rezeption des Campingplatzes haben wir einen ganz ausführlichen Bericht über die Avenue Verte erhalten; OK, in Englisch zwar, aber das macht ja nix.
Es handelt sich dabei um eine ehemalige, eingleisige Bahntrasse der Strecke Paris-London, die über Rouen nach Dieppe führte (wo man auf das Schiff umstieg). 1988 wurde diese Trasse still gelegt und in der Folge zu einer Piste für Radfahrer und Wanderer umgebaut. Somit kann man heute vom Stadtrand Dieppe
42 Kilometer mit dem Rad ins Landesinnere radeln, ohne jemals von einem Auto oder dgl. gefährdet zu werden. Das Schöne dabei ist, dass die Trasse niemals starke Anstiege / Abfahrten hat und, dass sie direkt an unserem Campingplatz vorbei führt. Also: Räder raus, durch das Gatter an der Rückseite des Platzes geschoben, aufgesessen und schon rollen wir ganz bequem gen Südosten.
Auffallend sind die ehemaligen Bahnwärterhäuschen, die alle noch erhalten und von Privatleuten bewohnt sind. Die teilweise skurrile äußere Ausstattung führt zu unzähligen Fotostopps. Auch die ehemaligen Bahnhöfe in den größeren Ortschaften, die wir passieren sind noch vorhanden und dienen als Wohnhäuser. Immer wieder fahren wir an kleinen Teichen und exra angelegten Picknick-Plätzen vorbei, die von den andern Nutzern der Avenue belegt sind.
Nach rund zweieinhalb Stunden finden wir endlich mal einen freien Picknick-Platz für uns. Nachdem wir uns gestärkt haben, schauen wir uns den nahe gelegenen Ortskern des Dörfchens St.Vaast-d’Équiqueville an und machen ein paar Fotos.
Man könnte natürlich weiter in die alte Richtung fahren (und wer gut in Form ist kann sicher auch die 42 KM hin und wieder zurück radeln), aber wir beschließen um zu kehren und so sind wir rechtzeitig zum Nachmittagskaffee wieder am Womo. Den Kaffee und ein unterwegs gekauftes Croisant auf dem Tisch sehen wir die Ruine des Chateau einladend über den See herüber schauen.
Die Sonne wandert allerdings immer weiter hinter die Ruine, also Gegenlichtsituation und so entscheiden wir uns, die Räder erneut zu nutzen und radeln, diesmal in die andere Richtung, hinüber nach Arques-la–bataille und schieben die Räder den steilen Anstieg zur Ruine hinauf. Eine Runde zu Fuß komplett um die unglaublich großflächige Ruine, bei der wir außer einem Fotografen und seinem Model niemandem begegnen, ermöglicht jede Menge Fotos in alle denkbaren Lichtsituationen.
Erst als wir ganz ”rum” sind und unsere Räder wieder besteigen, treffen ein paar neue Besucher ein. Das Burginnere kann nicht besichtigt werden, also freuen wir uns über die gemachten Fotos auf dem Speicher-Chip und radeln wieder zurück.
